Entscheidungsfindung | Modelle, Tips und Erfahrungen

In den verschiedenen Wandelbewegungen und Gruppierungen fällt mir auf wie wichtig das Thema Entscheidungsfindung ist. Gleichzeitig scheint es auch trotz aller (soziokratischer) Bemühungen nicht leicht zu sein eine gute, nachhaltige Lösung zu finden.

Mich würde interessieren, ob ihr positive Beispiele kennt, speziell auch für den Fall, wenn einiges online in Chats passiert und oft nicht immer alle in Online-Meetings oder Offline-Meetings da sind.

Anders herum gefragt:
Wo seht ihr die größten Herausforderungen, die Eurer Meinung nach langfristig bewältigt gehören.

Ich bin ein Fan von systemischen Konsensieren. Dazu gibt es auch Online-Tools, habe damit aber wenig Erfahrung. Hürde: Methode muss erklärt werden, da wenig bekannt. Vorteil: Einwände werden gehört und erweitern den Horizont (verkürzt ausgedrückt).
Herausforderungen bei klassischer Abstimmung: Die „Leisen“ werden nicht gehört, melden sich nicht usw. demokratische Abstimmungen geben oft wenig Raum, die Einwände anderer zu hören.

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Ich bin auch ein Fan von SK.
Meine Erfahrung ist, dass bei Neulingen viel Einarbeitungszeit und Begleitung gebraucht wird - speziell in größeren Gruppen. Insbesondere, wenn man hauptsächlich online arbeitet - noch eine Spur mehr Eingewöhnungsphase.
Das Testen wir momentan in einem
Projekt mit begleitenden Online-Calls um die Varianten durchzubesprechen und sicher zu gehen, dass so viele möglich verstehen wie etwas gemeint ist.

Wichtig finde ich auch vorab sich auf gemeinsame Regel zu einigen - um mal einige zu nennen:

  1. Wie geht man mit Enthaltungen um?
  2. Ab wieviel % wird etwas weiter bearbeitet und adaptiert?
  3. Ab wieviel % gilt etwas als konsensiert?
  4. Wie lange möchte man Zeit geben für Ideenfinden/Lösungen erarbeiten (‚Vorschläge‘ definieren) und wie lange für die Abstimmung?
  5. Online kann man meist auch einige Security Einstellungen vornehmen (verpflichtende Anmeldung?)

Das Regelwerk kann jmd. als Anfangsprämisse vorgeben, kann aber auch mit Geduld als erstes im SK Verfahren abgestimmt werden.

Kennst Du eventuell ein gutes open source online Tool dafür?
Wie sind Deine Erfahrungen im online Kontext?

Entscheidungsfindungprozesse sind für mich nicht nur eine Frage der Technik, sonder auch Frage des Bewusstsein / der Fähigkeiten an entscheidungsfindungsprozessen teilzuhaben.

Wie ich es auch hier rauslese, bin ich der Ansicht dass man neben der Technik auch die Fähigkeit , seine „innere Haltung“ erlernen Muss um effektiv an SK oder soziokratischen Entscheidungsfindungsprozessen teilzuhaben.

In einigen Gruppen an denen ich Teilgenommen habe wurde gesagt dass sie sich soziokratisch organisieren. Was ich im Nachhinein feststellen kann, ist dass dieses Konzept nicht einfach anzuwenden ist wenn nicht alle Teilnehmer ein tiefes Verständnis dafür haben und die innere Bereitschaft sich darauf einzulassen.

Und dann kommt es zu genau diesen Situationen. Es reicht meiner Meinung nach nicht, dass sich ein einzelner Moderator oder die Gruppe die eine Veranstaltung Hostet darum bemüht soziokratie anzuwenden, auch reicht es in Gruppen nicht nur den Wunsch zu haben sich soziokratisch zu organisieren und die Technik anzuwenden.
soziokratie ist genau wie andere den Menschen verbindende Methoden wie Gewaltfreie Kommunikation oder dreagon dreaming, etwas dass teil des Bewustseins werden muss damit es „funktionieren“ kann.

Ich meine dass wir uns gegenseitig viel mehr helfen müssen ein solches Bewusstsein zu erlangen wenn wir uns auf nicht flachhirachischer Art organisieren wollen.

Es braucht mehr Übungsräume, ein Bereitschaft seine eigene Unfähigkeit zu akzeptieren und gemeinsam mit andern zu wachsen, mehr Commitment diesen Weg zu gehen und mehr vertrauen in die Menschen die ihn mit einem gehen wollen.

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@thomas.heinrich Wie könnte ein möglicher Weg dahin für dich aussehen? Was könnte auf dem Weg dahin hilfreich sein, was eher hinderlich? Sollte man es erst offline verinnerlicht haben, bevor man es versucht online anzuwenden?

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Da haben wir doch schon einen guten Ansatzpunkt auf die Frage nach den Zielen von M4H!

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Denke auch, dass man sich schrittweise im Prozess annähern kann. Online Tools können das nicht abnehmen und ggf. sogar eine technische Hürde darstellen.

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@thomas.heinrich & @nic wie könntet ihr Euch so einen offline Prozess vorstellen?

Wie oft sieht sich denn die M4H Community abseits der Labs ‚offline‘? :thinking:

Ich denke nachdem sich Prozesse etabliert haben, können sie online und offline stattfinden und sich ergänzen

Ich zähle mal meine Persönlichen Best-Offs und den Hintergrund dazu.

1. Die selbe Sprache sprechen. Grund: Missverständnisse, welche oft aus unausgesprochenen Interpretationen kommen, und aus einer den Anderern und sich Selbst verurteilenden Gedankenwelt, tragen meiner Meinung nach viel zu Spannungen, und Unwohlsein bei.
Ich schlage vor- da ohnehin schon weit verbreitet- sich auf Gewaltfreie kommunikation als Basis der gemeinsamen Sprache zu einigen, da sie den oben genannten Gründen entgegenwirkt. Da diese Sprache nicht leicht zu lernen ist, schlage ich Übungsgruppen vor um sie zu trainieren, sowie die gegenseitige Bereitschaft sich dabei zu helfen, oder gegebenenfalls zu übersetzten, falls man gerade selbst nicht in der Lage ist sie anzuwenden.
Das Hörbuch als Grundinformation: Non Violent Communication - Marshall Rosenberg on Vimeo
Außerdem: Definitionen klären und Bedürfnisse hinter Aussagen heraus finden. In Gesprächen immer wieder wie Frage stellen: „Was bedeutet das für dich?“

2. Die interne Organisationsform Grund: Sicherheit. Ich denke, dass einer der wichtigsten Faktoren einer Organisation ist, wie klar sie Strukturiert ist und wie sicher man sich der Beständigkeit dieser Struktur sein kann. Mir Persönlich fällt es oft leichter mich in eine klar hierarchischen Organisation einordnen, als in eine diffuse vermeintlich flach Hierarchische. Wenn ich weiß mit was ich es zu tun habe, kann ich einschätzen was und wie ich innerhalb dieser Form aktiv sein möchte.
Ich schlage Soziokratie vor, da ähnlich wie die gewaltfreie Kommunikation auch weit verbreitet ist und etwas sehr schönes fördert; Gruppenprozesse. Durch Soziokratiesche Struktur ist es sehr leicht, dass alle gehört werden und sich niemand durchsetzen muss. Um Soziokratie wirklich anwenden zu können, muss auch sie gelernt werden. Hierzu schlage ich vor einen Workshop mit Barbara Strauch zu organisieren und einen Prototyp Arbeitskreis einzurichten.

3. Seinen inneren Weg finden, wie man für sich mit seiner Mitwelt umgehen möchte. Grund: Ich glaube nicht daran, dass wir die perfekte Organisation und Gesprächskultur entwickeln werden die immer für alle und alles passt. Deswegen ist wichtig, dass jeder einzelne Mensch, Methoden oder Rituale hat - seinen ganz Persönlichen Werkzeugkoffer- um mit schwierigen Situation umzugehen.
Mir helfen auch ein paar Grundeinstellungen /Fragen die ich mir regelmäßig bewusst mache:

„Muss ich meine Gedanken Teilen, sind sie sehr wichtig oder ist das was im Raum steht gut genug um weiter zu gehen?“

„Nicht Träumen, sondern sehen was da ist. Nicht etwas erwarten sondern Aufgreifen was man mir gibt.“

„wenn es sich richtig anfühlt dann tu es und vertraue darauf, dass andere dir Feedback geben falls sich jemand dadurch irritiert fühlt.“

„stell dich deinen Ängsten, überkomme deinen Stolz, entschuldige dich wenn dir etwas leid tut und frage nicht nach dem Schuldigen“

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